Theater einBLICK

10.05.2022

Der letzte Satz sagt alles

Ingrid Rosine Floerke hat für den hauseigenen Kritikerclub des Deutschen Theater Göttingen, der »Scharfe Blick«, die Vorstellung »Der Untertan« am 23. Februar 2022 im dt.1 besucht.
Der Untertan
Zum Stück

Nach mehreren Jahren erlebt das Stück »Der Untertan« eine Wiederbelebung auf der dt.1 Bühne des Deutschen Theater Göttingen. Und in schon fast gespenstischer Art und Weise ist das Thema wieder hochaktuell.

 

Während dieser angenehm ruhigen Inszenierung ist es ungeheuer interessant zu beobachten, wie erstaunlich Benedikt Kauff die Entwicklung des Diederich Heßling nachzeichnet. Seine Gestik und Mimik wächst wortwörtlich von dem mit Bauklötzchen spielenden Kind, das eine schwierige Erziehung erfährt, über den Studenten, der die Irrungen und Wirrungen der Großstadt aufsaugt und dem Jüngling, der seine erste Liebe spürt, bis hin zum kaltherzigen Fabrikanten. Aber sollten wir dadurch Verständnis für diese Person, die nach oben buckelt und nach unten tritt, bekommen? Ich glaube nicht. Denn der letzte Satz der Aufführung sollte nicht verpasst werden, wenn man entschieden darauf hingewiesen wird, dass man sich für einen Charakter entscheiden muss.

 

Für mich nehme ich mit nach Hause, dass wir alle in den Spiegel schauen und uns fragen sollten: Will man nur zuschauen oder will man handeln? Wie können wir unser Verhalten innerhalb der Gesellschaft verbessern und diese somit insgesamt zu einer besseren Gesellschaft werden lassen? Und das immer wieder. Jeden Tag aufs Neue.

 

Ingrid Rosine Floerke, 1.3.2022