Theater einBLICK

29.11.2022

Eine andere Ronja

Ina Laegner hat für den hauseigenen Kritikerclub des Deutschen Theater Göttingen, der »Scharfe Blick«, die Premiere »Ronja Räubertochter« besucht.
Ronja Räubertochter
Zum Stück

Ich habe mit viel Vergnügen die Premiere von »Ronja Räubertochter« verfolgt. Es gibt ein sehr gelungenes, gut bespielbares Bühnenbild, das Assoziationen zur heutigen Zeit zulässt. Sehr viele kreative und witzige Darstellungen, z.B. der Tiere oder der Kampf der beiden Räuberhauptmänner hinter dem weißen Vorhang, fast wie ein Schattenspiel. Die Geschichte von »Ronja Räubertochter« von Astrid Lindgren wird von den Darsteller*innen mit viel Spielfreude transportiert.
Mich hat in der Inszenierung die Darstellung von Ronja am meisten beschäftigt: Im ersten Moment war ich überrascht, als die Figur Ronja auf der Bühne auftrat. In meiner Erinnerung erschien sie mir wilder. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich nicht sehr von Birk, dem Sohn von Borka unterschied. Ähnliche Kleidung und ähnliche Verhaltensweisen. Vielleicht ist es bewusst so angelegt worden, weil in der heutigen Zeit Menschen weniger in Frauen und Männerrollen eingeteilt, sondern als Mensch betrachtet werden sollten. Dass Astrid Lindgren in ihren Geschichten Mädchen häufig in der starken und selbstständigen Rolle dargestellt hat, war notwendig, um Rollenklischees aufzubrechen und Mut zu machen.
Natürlich sind starke, selbstbewusste Mädchen und Frauen auch heute noch genau so wichtig. Aber vielleicht soll die Inszenierung zeigen, dass Eigenschaften wie mutig, ängstlich, frech, traurig, lustig … alle Menschen haben und es dadurch auch keine speziellen Zuschreibungen für Ronja als Mädchen und Birk als Junge gibt. Es ging mehr um das Miteinander und was die beiden durch ihren Zusammenhalt am Ende bewirken konnten. 28.11.2022