Das Fräulein Pollinger
Traugott Krischke nach Ödön von Horváth
Das Fräulein Pollinger ist der Prototyp der weiblichen Horváthfigur: Eine junge Frau voller Sehnsüchte, Träume und Wünsche, die auf nichts mehr hofft, als der großen Liebe zu begegnen, die ein Glück zu zweit und eine soziale Absicherung verspricht. Bei Horváth ist diesen jungen, immer dem kleinbürgerlichen Milieu entstammenden Frauen, ein solches Glück nicht beschieden, ihnen widerfährt immer nur Ausbeutung, Ablehnung und nicht selten die totale Vernichtung durch die Gesellschaft, in die sie sich mal mehr, mal weniger freiwillig begeben oder der sie nicht entkommen können. Die Theaterfassung des großen Horváth-Herausgebers Traugott Krischke basiert auf Figuren und Geschichten aus Horváths ersten Romanen »Der ewige Spießer« und »Sechsunddreißig Stunden«; denn nur sechsunddreißig Stunden dauert der Abstieg des Fräulein Pollinger von einer arbeitslosen Näherin im München der großen Wirtschaftskrise in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur Prostituierten.