Die Verwandlung

Horrorkomödie von Philipp Löhle nach Franz Kafka • Uraufführung
dt.1
Premiere 29. April 2023
Uraufführung
Dauer 110 Minuten
22.05
Mi
19:45-21:35 Uhr
Der 1978 geborene Philipp Löhle begann schon während seines Studiums der Geschichte, Theater- und Medienwissenschaft und deutschen Literatur mit dem Schreiben von Theaterstücken. Diese erhielten etliche Preise und Nominierungen beim Heidelberger Stückemarkt und bei den Mülheimer Theatertagen. Außerdem war er Hausautor am Maxim Gorki Theater Berlin, Nationaltheater Mannheim, Staatstheater Mainz und ist es aktuell am Staatstheater Nürnberg. Nach »Bombe!« und »Der Hund muss raus – ein Suchtstück« ist dies seine dritte Arbeit am Deutschen Theater Göttingen.


Es wird Stroboskop-Licht verwendet.
Gregor Samsa ist Handlungsreisender in Sachen Tuch und in dieser Funktion nach dem Bankrott der väterlichen Firma alleiniger Finanzierer des Familienlebens, zu dem seine Mutter, sein Vater und seine Schwester Grete gehören. Doch eines Morgens, als er aus unruhigen Träumen erwacht, findet er sich zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt und damit unfähig, seiner Arbeit weiter nachzugehen, sich richtig zu bewegen oder außerhalb seines Zimmers ein auch nur annähernd normales (soziales) Leben zu führen. Mit dieser ungeheuerlichen Verwandlung verändert sich nicht nur Gregors Dasein und Leben, sondern auch das der Familie, die sich darum bemüht, die veränderte Situation nicht nach außen dringen zu lassen, sich selbst irgendwie zu versorgen und ein neues Verhältnis zu dem nicht mehr altbekannten Sohn und Bruder zu entwickeln. Ganz unterschiedlich sind ihre Strategien, mit dem Unfassbaren und der sie einigenden Überforderung und Ohnmacht umzugehen: Während Grete beispielsweise versucht, Gregor gut mit Essen zu versorgen, räumt die Mutter das Zimmer aus, um dem Sohn mehr Platz zu verschaffen, und der Vater wird gewalttätig. Nach und nach aber kommen sie abgesprochen überein, das Schicksal anzunehmen, Gregor links liegen zu lassen, sich aktiv um sich selbst zu kümmern, das Leben anzugehen, statt es auszuhalten und sich selbst mehr zuzutrauen. Als das »ungeheuere Ungeziefer« schließlich stirbt, brechen die drei zu einem Ausflug ins Grüne auf und sehen einer positiven Zukunft entgegen.
Franz Kafkas Erzählung gehört zu den Texten der Weltliteratur, die wohl mit die meisten Interpretationen erfahren haben. Im Zentrum steht dabei oft die geheimnisvolle und außergewöhnliche Figur des Gregor Samsa. In Philipp Löhles Adaption wird allerdings die Familie um ihn herum mit all ihren Verwicklungen, Ängsten und Sehnsüchten stehen.
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Pressestimmen

Die verwandelte Verwandlung »Mit einer brillanten Installation bringen Löhle und der Bühnen- und Kostümbildner Thomas Rump Stummfilm auf die Bühne … Erstaunlich. Ebenso bemerkenswert ist die Verwandlung der Schauspieler durch ihre Kostüme, die an den Stil der Addams Family in der gleichnamigen TV-Serie erinnert … Eine Horrorkomödie – eine enorm professionell inszenierte obendrein … Löhle hat mit seinem Ensemble einen sehr unterhaltsamen Theaterabend geschaffen.«
Peter Krüger-Lenz, Göttinger Tageblatt 2.5.2023

Familie Samsas Höllenfahrt »Philipp Löhles Fassung in eigener Regie erzählt die Fabel radikal aus der Perspektive der überforderten Familie. Und das Spiel rund um das Rieseninsekt im Nebenzimmer ist lustiger denn je … Eins ist sicher: So viel wie in diesem feinen kleinen Theater hat das Publikum wohl noch nie gelacht über Kafkas alptraumhafte Schreckensphantasie … Nicht immer ist Löhle der ideale Interpret eigener Werke – diesmal aber schon. Denn so produktiv schon die Überlegung war, die Kafka-Fabel … komplett aus der Perspektive der Familie Samsa zu erzählen, so furios gelingt die groteske Komödie ... Das Göttinger Ensemble wirbelt virtuos durch die immer übergroßen Stummfilm-Gesten, Szenenbeifall gibt’s schon hier. Musik im großen Ton der klassischen Moderne am Beginn des vorherigen Jahrhunderts passt prima dazu und spielt eine enorme Rolle … Dann bricht auf der echten Bühne die Familienhölle los … Hinreißend altmodisch geben sich diese zwei Theaterstunden, in hohem Tempo durchrast von Roman Majewski und Judith Strößenreuter als Eltern, der großen Komödiantin Gaby Dey als Tochter und Anna Paula Muth als Dienstmädchen; Lukas Beeler steckt im Käfer-Körper, Daniel Mühe und Florian Donath schlüpfen in die Nebenrollen ... Nachdem vor kurzem gerade Haus-Regisseurin Katharina Ramser ›Im Dickicht der Städte‹ von Brecht sehr pointiert im Heute positioniert hatte, ist auch ›Die Verwandlung‹ zu bestaunen im Göttinger Saison-Finale – Stück und Inszenierung von Philipp Löhle hätten auch an größeren und größten Häusern das Zeug zum Ereignis.«
Michael Laages, nachtkritik.de 30.4.2023

Viel Komik mit Kafka »Einen großen Abend voller bunter Ideen hat das Deutsche Theater Göttingen mit der Uraufführung in der Fassung und Regie von Philipp Löhle geliefert. Nach knapp zwei kurzen Stunden mit Zwischenap-plaus wollte der Beifall kein Ende nehmen … Der häufige Wechsel von Thriller-Dramatik mit der Auflösung der Spannung durch umwerfende Komik verleiht der Inszenierung ihre Stärke. Dies gelingt durch große schauspielerische Leistung aller Schauspieler … Philipp Löhle liefert einen unschlagbar packenden Abend, der mit großem Applaus eine verdiente Belohnung fand. Wer witziges mit viel Tief-gang mag, der ist in der Aufführung richtig. Und es macht Spaß, den Schauspielern zuzusehen.«
Ute Lawrenz, HNA 2.5.2023

Wednesday Samsa und das mechanische Getier »Willkommen bei der Samsa-Addams Family! Die Optik, die Philipp Löhle für seine Kafka-Adaption gewählt hat, entstammt so deutlich einer Gruselkomödie, dass die Richtung dieses Abends schnell deutlich wird. Der Spaß beginnt aber erst einmal als Stummfilm, stilecht mit Texteinblendungen … Uneingeschränkt spannend ist das Drumherum, das Löhle für seine Inszenierung auffährt: Das Bühnenbild von Thomas Rump lässt geschickte verborgene Räume, in denen sich das komische Grauen entfalten kann … Was für ein Insekt hat Thomas Rump da geschaffen – Puppenspiel und Mechanik mit großem Effekt! … Sean Grimm haucht dem Käfer gekonnt Leben ein. Daniel Mühe, Florian Donath und Lukas Beeler bespielen mit Bravour diverse Figuren … Anna Paula Muth ist als Dienstmädchen eher für die etwas leiseren Töne zuständig … Das kurze Nachdenken und Reagieren auf jede noch so seltsame Anweisung ihrer Dienstherren spielt Muth gekonnt. Gaby Dey verleiht Gregors Schwester etwas Undurchsichtiges, das hier und da aufbrechen muss, und Judith Strößenreuter stellt die komisch-tragischen Ausbrüche der Mutter mit großem Einsatz dar. Als Vater ist Roman Majewski, bis zur Unkenntlichkeit verkleidet, ein großer Wurf. Das Ensemble bekommt … am Ende verdient viel Applaus für diese an einigen Stellen etwas arg gewollt auf schrill getrimmte, andererseits abwechslungsreich umgesetzte Adaption der ›Verwandlung‹.« Wertung: 7 von 10 Sternen!
Marcel Lorenz, unddasle-ben.wordpress.com 7.5.2023

Kafka kann auch komisch »Bereits auf dem Spielplan wird die Inszenierung der Erzählung vom Regisseur Philipp Löhle als ›Horrorkomödie‹ angekündigt. Manch einer mag sich fragen ›Wie soll das funktionieren?‹ Aber, das tut es ... Was das Bühnenbild und die Bühnentechnik betrifft, so ist Thomas Rump etwas besonders Kreatives gelungen. Es macht richtig Spaß sich in die Optik der Stummfilmära fallenzulassen. Alle Protagonisten haben sichtbar und hörbar Freude daran sich mit übertriebenen Gesten und Stimmhöhen in der Schwarz-Weiß Welt der Bühne zu bewegen. Und, wenn man ein Fan von sich aufpeitschenden, immer lauter und chaotischer werdenden Handlungen einer Komödie ist, dann ist diese verwandelte Version von ›Die Verwandlung‹ genau das Richtige für einen unterhaltsamen Abend.«
Ingrid Rosine Floerke, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 29.4.2023

Gregor?! »Das Publikum kann sich, durch das von Thomas Rump großartig entworfene Kostüm- und Bühnenbild in eine Fantasiewelt begeben ... Komödiantisch inszenierte Löhle das Tragische, das in der Erkenntnis der Reduktion des Menschen auf seine gesellschaftliche Rolle liegt. Begleitet von einem wunderbaren Wortwitz, der Leichtigkeit des Spiels der Hauptdarsteller*innen, den fantastischen Kostümen erklingt in diesem absurden Spektakel eine leise Melodie, welche beim genauen Hinhören die Symphonie zu einer Kakophonie wandelt. ›Die Verwandlung‹ ist eine bittersüße wie aufwendig gestaltete Inszenierung, die das Publikum mit der stillen Frage zurücklässt, ob Gregors Verwandlung die Flucht vor seiner damit offenbarten trostlosen Welt war.«
Katja Hellmys, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 4.5.2023

Einzigartig chaotisch. »Den Zuschauenden wird eine äußerst unterhaltsame Inszenierung mit einer herrlich chaotischen Handlung dargeboten, die großartig anzusehen ist … Spannend ist, dass die Geschichte um Gregors Verwandlung ausschließlich aus der Perspektive seiner Familie erzählt wird … Durch den ständigen Wechsel von Comedy- und Horrorelementen macht ›Die Verwandlung‹ dem Genre der Horrorkomödie alle Ehre und gibt einen wunderbar schrecklichen Eindruck in menschliche Abgründe.«
Ronja Kirschke, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub, 17.5.2023

Käfer allein zu Haus »Die Inszenierung als Horrorkomödie ist ein genialer Schachzug ... Das Stück ist sehr unterhaltsam, komödiantisch mit ernstem Kern und wird nie platt. Die Spielfreude der Schauspieler*innen, die Idee der Horrorkomödie, das Bühnenbild, die Kostüme und das Insekt selbst (Thomas Rump) sind sehr gelungen und hinterlassen das Gefühl, auf der Bühne mal wieder ein schönes Theaterabenteuer erlebt zu haben.«
Ina Laegner, Scharfer Blick/Kritiker*innenclub 22.5.2023

Kafka in Horror verwandelt »Unter der Regie von Phillip Löhle wird hier das groteske Zusammenleben einer Familie mit einer riesigen Schabe auf die Bühne gebracht und mit viel Witz und Grusel ein einprägsames Erlebnis geboten ... ›Die Verwandlung‹ ist als Theaterstück ein gelungener Mix aus Tragik und Humor. Witz geht bei der Inszenierung Hand in Hand mit Horror und Momenten, die dazu anregen, über den Wert des Menschen und seine gesellschaftliche Definition nachzudenken. Obwohl man vermutlich einiges zu lachen haben wird, sind es diese Gedanken, die eine*n über das Stück hinausbegleiten werden. Überzeugend gespielt mit einer tollen Einbindung des Bühnenbildes mit vielen kleinen amüsanten Kniffen zeigt das Deutsche Theater Göttingen ein Werk, von dem es wohl die wenigsten für möglich halten würden, es überhaupt als Theaterstück zu adaptieren. Aber hier wirkt es so natürlich für die Bühne entworfen, als hätte es immer dort hingehört.«
Laslo Gitzel, litlog.de 9.10.2023

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