Theater einBLICK

21.10.2025

Gefühlte Wahrheiten – Die Wildente

Ingrid Rosine Floerke Scharfer Blick / Kritiker*innenclub 3.10.2025
Die Wildente
Zum Stück

Bei der Inszenierung des Henrik Ibsen Stückes „Die Wildente“, unter der Regie von Shirin Khodadadian, wird die moderne Adaption von Simon Stone erwartungsgemäß auch mit einem modernen, sehr reduzierten Bühnenbild (Michael Lindner) deutlich gemacht. Unterstrichen wird dies durch die zurückhaltenden beigen, grauen und dunklen Kostüme (Charlotte Sonja Willi) der Schauspielenden.

Damit rückt das Wort, der Dialog in den Vordergrund. Es geht in den vielen Gesprächen um die Grundfragen von Wahrheit und Lebenslügen. Anschaulich wird zur Unterstreichung der Intention des Stückes bereits zu Beginn der Vorstellung das Bühnenbild buchstäblich auseinandergenommen und die Protagonistinnen einmal ordentlich durchgewirbelt.

Eine anfänglich lockere, fast amüsante Atmosphäre wird im Verlauf der Aufführung immer komplexer und düsterer. Dabei bekommt das Stück durch konkrete Zeitansagen aus dem Off (Andrea Strube) eine Orientierung der Entwicklungen, was dem Ablauf einen „True Crime“-artigen, dokumentarischen Touch verleiht. Scheinbar unwichtige Nebenhandlungen, wie Schießübungen im Wald oder die Begegnung von Hedvig (Lou von Gümbel) und Werle (Florian Eppinger), fügen sich später in der Abwärtsspirale von aufgedeckten Lebenslügen in eine tragische Wendung. Am Ende bleibt die Frage, ob Lebenslügen ihre Form der Wahrheit enthalten und diese als gefühlte Wahrheiten vielleicht eine eigene Berechtigung haben.

Dank der unaufgeregten Spielweise der Darstellenden erhält die Darbietung eine Klarheit. Dies tut der gesamten Aufführung gut und macht die schwierige Thematik verständlich für die Zuschauenden. Obwohl alle auf der Bühne ihre Rollen deutlich skizzieren und mit Leben füllen, ist Lou von Gümbel hervorzuheben, die als 15jährige überzeugt, aber insbesondere wie sie sich bei den eingeblendeten Videosequenzen (Jonas Dahl) sphärenhaft durch den Wald bewegt, bleibt in Erinnerung.