Theater einBLICK

28.11.2022

Sensibilisierungsmodus

Ingrid Rosine Floerke hat für den hauseigenen Kritikerclub des Deutschen Theater Göttingen, der »Scharfe Blick«, die Premiere »All das Schöne« besucht.
All das Schöne
Zum Stück

78 Minuten. Gleich zu Beginn des Abends lässt uns Rebecca Klingenberg wissen, wie lange wir die sich verändernden Beweggründe für ihre Liste folgen dürfen. Das Stück »All das Schöne« behandelt ein ernstes Thema ohne überschwängliche Dramatik, sondern ganz schlicht und lebensnah. So wie es jeder Person im Saal auch widerfahren könnte. Ungewohnt ruhig ist entsprechend die Inszenierung von Moritz Franz Beichl (Regie) in der Zusammenarbeit mit Astrid Klein (Bühne und Kostüm). In den 78 Minuten des Abends nehmen wir Anteil, nicht am Schicksal der suizidalen Mutter, sondern an der Bedeutung und Auswirkung, die deren Handlungen für ihre Tochter hatte.
Wunderbar angenehm ist es Rebecca Klingenberg zuzuhören, die sich ungeheuer sicher, gleichsam spielerisch mit dem Publikum durch die Zahlenkolonnen und Passagen bewegt. Mit jedem Punkt auf der Liste, die laut vorgelesen wird, kann die Tochter zwar die Mutter nicht erreichen; jedoch alle, die der Auflistung lauschen, dürfen eine Sensibilisierung erleben für die vielen, alltäglichen schönen Dinge um sie herum. Dies ist nicht unwichtig, gerade in einer Zeit der Krise, der Unruhe und der Unsicherheit.
Alles, was passiert, erfährt man als Rückblick der Geschehnisse, die von der Erzählenden bereits verarbeitet präsentiert werden. Damit gibt es am Ende auch ein Fazit als emotionale Bitte an alle, die sich mit den dunklen Gedanken des Selbstmords quälen: »Tu’s nicht!« 27.11.2022