Theater einBLICK

10.06.2025

Eine lose Sammlung von Gedanken – »Die Wand«

Ingrid Rosine Floerke hat für den hauseigenen Kritiker*innenclub des Deutschen Theaters Göttingen die Premiere von »Die Wand« besucht.
Die Wand
Zum Stück

Im dt.2 des Deutschen Theaters herrscht grundsätzlich eine intimere Atmosphäre als in der Spielstätte des großen dt.1. Bei der Inszenierung des Stückes »Die Wand« wird es aber zu Anfang ungewöhnlich eng. Das mag nicht jedem im Publikum gefallen, den Anfang des Stückes dicht gedrängt im Stehen zu erleben. Vermutlich ist jedoch genau dieses Gefühl der Beklommenheit vom Regisseur Daniel Foerster beabsichtigt, um uns in die Erlebniswelt der namenlosen Hauptfigur (Marie Seiser) hineinzuversetzen.

Die Erzählung der Autorin Marlen Haushofer lässt Raum für verschiedene Interpretationen. Die Essayistin M. Krisper liest die Hauptfigur als »eine aktive, eine vitale Protagonistin, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt«. Aber ist sie wirklich so aktiv? Und wenn ja, dann doch nur, weil eine unerwartete und unveränderliche Situation von außen sie dazu zwingt, ihr Leben neu zu gestalten.

Wie Marie Seiser den gesamten Abend fast ausschließlich alleine ihre Gedankenwelt mit uns teilt und ihre äußerliche sowie innere Veränderung durch das »auf sich allein gestellt sein« nahebringt, ist bravourös. Die Flankierung der einsamen Figur durch Hund Luchs (Gerd Zink) und Die Katze (Lou von Gündell) unterstützt dabei ganz wunderbar die emotionale Darstellung.

Trotz der düsteren Thematik, der lautstarken Szenen mit Motorsäge und schmerzhaften Verlusten mit Kunstblut, gibt es auch zarte, humorvolle Momente, die uns am Ende möglicherweise nicht gänzlich die Hoffnung verlieren lassen.