Unter der Regie von Katharina Ramser wird in dem Stück »Im Dickicht der Städte« die Großstadt Chicago in den Anfängen des letzten Jahrhunderts gezeigt. Verwahrlost, getrieben, resigniert und hoffnungslos bewegen sich die Protagonist*innen Shlink (Christoph Türkay), Garga (Paul Trempnau), dessen Schwester Marie (Tara Helena Weiß) und seine Geliebte Jane (Anne Hoffmann) im Dickicht der Großstadt. Ihre Schicksale werden miteinander durch die das Stück durchziehende Fehde verwoben, die ihren Anfang in dem Versuch Shlinks nimmt, Garga seine Meinung abzukaufen. Dessen anfängliche Weigerung führt Garga in einen Überlebenskampf in einem verfallenen Milieu, in dem der Glaube an die Welt der Erkenntnis ihrer Sinnlosigkeit gewichen ist. Durchbrochen wird die Handlung durch die von Thomas Bernhard gefilmten Videosequenzen, welche den symbolischen Kampf als einen realen Boxkampf eines alten Boxers gegen sich selbst umsetzen. Durch diese Sequenzen wird eine Distanz zwischen Gezeigtem und Zuschauenden geschaffen, welche letztere mit der Frage zurücklässt, welchen Sieger es in einer Welt geben kann, die das Dasein als ständigen Kampf gegen die anderen wie gegen sich selbst prädeterminiert. Der Mensch ist nicht mehr als ein schmuckloses Beiwerk in dieser Welt, die er selbst geschaffen hat, ein ausgestoßenes Überbleibsel, das nur noch nach dem bestimmenden Narrativ des Kapitals lechzt. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die von Elena Gaus gefertigten Kostüme, welche die Frauen zur Ware und Männer zu grotesken Abbildern von Gangstern machen. Das dazu passende von Ute Radler geschaffene Bühnenbild setzt Papierbahnen ein, die an im Winde wehende Geldscheinen erinnert, zwischen denen sich die Protagonist*innen bewegen. Das bestimmende Sujet des Dramas »Im Dickicht der Städte« ist somit der Überlebenskampf des Menschen in einem Milieu des wachsenden Kapitals. Verschlungen wird der Mensch von der Gier nach dem Kapital, das in dieser Sehnsucht seine Macht offenbart. In eben dieser Darstellung liegt die Stärke des Stücks, welches die Zuschauer*innen mit einer Welt konfrontiert, welche die ihrige, und ein Leben, welches das eigene sein könnte. 10.6.2023
© Thomas Müller