Theater einBLICK

18.03.2024

Kritik in kunterbunter Verpackung

Ingrid Rosine Floerke hat für den hauseigenen Kritiker*innenclub des Deutschen Theater Göttingen, der »Scharfe Blick«, die Premiere »Tartuffe« besucht.
Tartuffe
Zum Stück

Eine Inszenierung unter der Regie von Moritz Franz Beichl verspricht immer ein außergewöhnliches Erlebnis zu werden. Mit der Komödie »Tartuffe« ist ihm wieder einmal die zeitgenössische Umsetzung eines Klassikers wunderbar gelungen. Er versteht es sehr gut in einem kreativen Team (Astrid Klein – Kostüme, Valentino Pino Reyes – Bühne, Fabian Kuss – Musik) die Vielfältigkeit der modernen Adaption mit der Ursprungsdramatik zu vereinen und dabei nicht die originäre Intention des Stückes zu überlagern. Die Beherrschung dieser Gratwanderung ist die künstlerische Handschrift von Moritz Franz Beichl.
Das Theaterstück um die Figur des Tartuffe zeigt in prägnanter Weise, dass Teile der Gesellschaft bereits im 17. Jahrhundert der Versuchung von Verblendung nachgegeben haben, auch oder trotzdem es vielfach Stimmen gab, die zur Vernunft gerufen haben. Wie aktuell ist bitte schön dieser Fingerzeig auf die Blender unseres Zeitalters? Sei es in der Popkultur oder in der Politik, wir sollten alle stets genauer hinschauen, wem wir folgen wollen.
Bewundernswert ist bei der Aufführung wie diese ernsthafte Kritik als leichtverdauliche Unterhaltung präsentiert wird. Die farbenprächtige Exzentrik der Kostüme und die poppigen Neonlichter des Bühnenbildes mit ihren ›diversen‹ Andeutungen bieten einiges zum Schmunzeln. Die Schauspielenden überzeugen mit ihrer Spielfreude und Überdramatik, die die Komik des Dargebotenen unterstreicht. Ein absolutes Highlight ist Anna Paula Muth in der Rolle des Valère. Es wird insgesamt viel gelacht während der Vorstellung; aber sie hat mit ihrem überzeugenden Spiel des ungelenken Möchtegern-Machos ganz sicher die meisten Lacher auf ihrer Seite.
Dieser Abend, an dem man das Schlusslied summend nach Hause geht, wird in guter Erinnerung bleiben! 16.3.2024

 

© Thomas Müller