Sonne / Luft

Elfriede Jelinek
dt.1
Premiere 27. April 2024
Dauer 00 Minuten
27.04
Sa
19:45-19:45 Uhr
03.05
Fr
19:45-19:45 Uhr
24.05
Fr
19:45-19:45 Uhr
28.05
Di
19:45-19:45 Uhr
Elfriede Jelinek, 1946 in Österreich geboren, tritt zwar selten in der Öffentlichkeit in Erscheinung, mischt sich mit ihren Werken aber sprachgewaltig in die Debatten unserer Zeit ein. Für ihr umfangreiches Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet, 2004 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur. In ihren Texten mischen sich Stimmen, Gegenstimmen, Chöre zu polyphonen Sprachkunstwerken, die mit Sarkasmus, aberwitzigen Wortspielen und beeindruckender Bildmächtigkeit die Absurdität unserer Gegenwart beschreiben und sich nicht scheuen, klare Positionen zu beziehen. Korrupte Eliten, die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft, Fremdenfeindlichkeit und latenter Faschismus sind Themen, die sich durch ihr Werk ziehen.
Sonne und Luft. Elfriede Jelinek hat ihren neuesten Theatertext den beiden größten Lebensspendern gewidmet, ohne die unsere Existenz auf dieser Erde nicht möglich wäre. Aber die Sonne hat sich entschlossen, ihren Ton gegenüber dem Menschengeschlecht zu ändern. Statt sanftem Licht und wohltuender Wärme spendet sie immer öfter gleißende Helligkeit und tödliche Hitze. Sie entfacht Feuermeere, trocknet Seen aus, lässt ganze Landstriche verdorren und hat eine diebische Freude daran, zu beobachten, wie die panisch gewordene Menschheit versucht, ihren sengenden Strahlen zu entkommen. Und auch wenn sie selbst dazu verurteilt ist, in ferner Zukunft zu verglühen, bleibt ihr die Genugtuung, vorher die Erde von den Menschen befreit zu haben.
Und auch die Luft wartet nur darauf, wieder durchatmen zu können. Während im ersten Teil die Sonne monologisiert, ist nun die Atmosphäre von Vielstimmigkeit erfüllt. Ein letzter verzweifelter Versuch, noch einmal Ordnung in die Natur zu bringen, der endgültig ins Chaos führt. Wenn die saubere Luft zum Atmen knapp wird, schlägt das Gehirn Kapriolen, kommt der Verstand an seine Grenzen.
»Sonne / Luft« räumt auf mit dem Irrglauben, dass der Mensch sich die Erde untertan machen könne. Die Annahme, dass sich die Natur beherrschen ließe und eine unerschöpfliche Quelle sei, aus der sich die maßlosen Bedürfnisse unserer Spezies befriedigen ließen, wird als maßlose Hybris entlarvt. Wenn der Mensch vom Weltuntergang fabuliert, überschätzt er sich: Er wird selbstverschuldet mit seiner Welt untergehen, für die Natur spielt das keine große Rolle.